Corona-Warn-App: "Spielzeug für die digitale Oberklasse"

Die gestern erschienene Corona-Warn-App kann nur ein Baustein in der Pandemie-Bekämpfung sein. Denn an den eigentlich wichtigen Stellen kann sie ihre Wirkung überhaupt nicht entfalten, sagt ein Experte von der "Frontlinie".
In Berlin gab es gerade den nächsten punktellen Ausbruch von Corona-Ansteckungen. In zwei Wohnhäusern der Bezirke Reinickendorf und Neukölln wurden plötzlich zahlreiche Infektionen verzeichnet. Mehrere Häuser mit einigen hundert Haushalten wurden unter Quarantäne gestellt. Patrick Larscheid, der das Gesundheitsamt in Reinickendorf leitet, rechnet nicht damit, dass ihm die neue App in irgendeiner Form helfen wird.

Die technische Umsetzung und der Datenschutz wurden vielfach gelobt. In der Praxis gibt es aber schlicht gesellschaftliche Hürden, an denen das digitale System nicht vorbeikommt. "Ich sehe die App als ein Spielzeug für die digitale Oberklasse", sagte Larscheid im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Mit der Realität in seinem Bezirk habe sie hingegen wenig zu tun.

Arme Menschen haben kein BLE

Denn es gibt verschiedene Probleme bei der Sache. Vielfach findet man in den sozialen Netzwerken derzeit Rückmeldungen von Menschen, die zwar ein Smartphone besitzen, doch eben keines, auf dem sich die App installieren ließe. Zwar funktioniert die Software auch auf nicht mehr ganz taufrischen Modellen, gerade Menschen mit sehr wenig Geld sind mit noch älterer Hardware ausgestattet. Auf der Prioritäten-Liste, nach der beispielsweise eine Grundsicherung ausgegeben wird, steht Bluetooth-Low-Energy nicht besonders weit oben.

Hinzu kommt in den betroffenen Bevölkerungsgruppen der Großstädte noch ein weiteres Problem: "Die Leute haben tatsächlich Handys, aber die App gibt es auf Deutsch und auf Englisch, beides sprechen sie kaum", erklärt Larscheid. "Ich kann nur sagen, dass die Menschen, über die wir gerade in Berlin sprechen, nichts von einer solchen App haben."

Und er wird dabei auch grundsätzlicher: "Wir haben hier ein Infektionsgeschehen unter armen Leuten, die schlecht wohnen. Das sind Zustände, wie sie Rudolf Virchow vor 150 Jahren erlebt und bekämpft hat. Hier gibt es sie immer noch. Medizin, das zeigt sich wieder einmal, ist auch politisch: Diese Leute werden immer wieder krank, weil sie so leben, wie sie leben - in ärmlichen Verhältnissen."

Teils wurde in der Berichterstattung angedeutet, dass der aktuelle Infektionsausbruch seine Ursachen auch in der Tatsache haben könnte, dass in den betroffenen Häusern viele Sinti und Roma leben. Einen solchen Zusammenhang wies Larscheid aber klar zurück. "Nein, das erleben wir mit vielen Menschen, die in eher ärmlichen Verhältnissen leben. Das gilt für Berlin und für ganz Deutschland", sagte er.

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