Vorratsdatenspeicherung für Prävention ungeeignet

Die Vorratsdatenspeicherung ist womöglich kein so geeignetes präventives Mittel, wie es von ihren Befürwortern immer wieder hingestellt wird. Anschläge lassen sich mit ihr kaum verhindern. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung durch Wissenschaftler der Technischen Universität Darmstadt.
Vorratsdatenspeicherung, Kampagne, Protestbewegung
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"Das hierzulande vorgebrachte Hauptargument, dass Terroristen schon vor einer Straftat identifiziert werden könnten - also rein präventiv -, ist nach unserer Studie fraglich", erklärte der Bioinformatiker Kay Hamacher. "Entgegen bisheriger Vermutungen haben unsere Simulationen gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, Terroristen ausfindig zu machen, praktisch nicht steigt."

Die Darmstädter haben sogenannte Agenten-basierte Simulationen durchgeführt, eine Methode aus der Biologie, um Netzwerke von Interaktionen zu untersuchen. Dabei werden konkrete Situationen simuliert und Interaktionen zwischen den Beteiligten modelliert. Diese Methode haben die Forscher nun erstmals auf die Evaluierung von sicherheitsrelevanten Richtlinien angewendet, indem sie die "Agenten" als "Terrorist" und "Bürger" annahmen.

Hierfür nutzten die Wissenschaftler reale Terrornetzwerke, die vom FBI nach den Anschlägen im Jahr 2001 ermittelt und deren Interaktionen untereinander nachträglich bekannt wurden. Diese kleinen Gruppen von acht bis 17 Mitgliedern wurden in unterschiedlichen Simulationen verschieden großen Gruppen von 50.000 bis zu einer Millionen "Bürgern" quasi eingepflanzt.

Die Annahme war dabei, dass sie sich im Kommunikationsverhalten der unbescholtenen Mitmenschen zumindest zeitweise unterscheiden. So zum Beispiel, wenn eine bestimmte Person ein längeres und kurz darauf mehrere kurze Telefonate führt - eine Vorgehensweise, wie sie bei der Planung eines Anschlags realistisch ist, wenn zunächst Befehle abgesprochen und danach weitergegeben werden.

"Wir haben Kommunikationsmuster definiert, oder besser gesagt Kommunikations-Hierarchien, die Abweichungen vom durchschnittlichen Kommunikationsverhalten darstellen und (terroristische) Planungen widerspiegeln könnten", erläuterte Hamacher. Mögliche Variablen sind dabei Zeitpunkte, Länge, Abstände und Abfolgen von Telefonaten. Das Problem ist jedoch, dass auch unverdächtige und gesellschaftlich gewollte Organisations- und Kommunikationsstrukturen auf diese Weise funktionieren.

"Befehlsketten sind bei Projekten ähnlich, ob man nun ein Flugzeug entführen oder ein Haus bauen will", so Hamacher. Um eine Unterscheidung treffen zu können, sind daher sehr viele Eigenschaften der Kommunikation zu beachten. Diese Verfeinerung des Filters hat wiederum zur Folge, dass es noch schwieriger wird, auffällige Kommunikations-Hierarchien ausfindig zu machen - als würde man den Heuhaufen, in dem eine Nadel gesucht wird, noch weiter vergrößern.

Wird nun doch ein Fall ungewöhnlichen Kommunikationsverhaltens ausfindig gemacht, "kann dieser Effekt allerdings bei längerfristiger Speicherung wieder verwischen", führte der Bioinformatiker aus, "denn die Wahrscheinlichkeit, dass eine Gruppe von Bürgern ohne terroristischen Hintergrund ebenfalls kurzfristig häufiger miteinander telefoniert - beispielsweise um eine Hochzeit zu organisieren - steigt natürlich mit jedem Tag". Das führt zu mehr falsch-positiven Ereignissen.

Hinzu komme, dass Gruppen, von denen eine reale Gefahr ausgeht, sehr einfache Möglichkeiten haben, die Ermittler auf falsche Spuren zu locken. "Sie müssen lediglich eine Art Zwillings-Gruppe schaffen. Dazu reicht es, statistische Eigenschaften der Kommunikation der Originalgruppe einzuhalten - und schon haben sie sich eine Art Schatten geschaffen, der ins Visier der Ermittler rückt", so Hamacher.

Ob das Resultat der Vorratsdatenspeicherung den Aufwand und die Kosten rechtfertigt, ist ohnehin unsicher. Denn eine neuere Untersuchung des Bundeskriminalamts zeigt, dass auch die Aufklärungsquote bereits verübter Delikte um maximal 0,06 Prozent steigt - darunter überwiegend Betrugsdelikte. Das Freiburger Max-Planck-Institut für Strafrecht kommt auf gerade einmal 0,002 Prozent.
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