Schweden unter Druck von Medienbranche und USA

Die USA haben in den letzten Jahren offenbar massiven Einfluss auf die Gesetzgebung in Schweden genommen. Dabei wurde vor allem im Sinne der US-Medienindustrie Druck auf die Regierung Schwedens aufgebaut. Auch die Branchenverbände der Medien-Lobby leisteten aber einen aktiven Beitrag.
Insbesondere die ursprünglich in Schweden entstandene Piratenpartei hatte in den letzten Jahren des Öfteren bemängelt, dass verschiedene Gesetzesinitiativen so ausgelegt sind, dass sie den Interessen der Content-Industrie dienen und Bürgerrechte beschneiden. Insbesondere wurde kritisiert, dass die Regierung sich offenbar dem Druck aus Washington beugt. Dies wurde oftmals aber als unhaltbare Verschwörungstheorie abgetan - zu Unrecht, wie sich nun zeigt.

Eine US-Botschaftsdepesche, die von Wikileaks veröffentlicht wurde, belegt die bisher unbewiesenen Vermutungen. Ein zentraler Punkt ist dabei eine Liste von sechs Forderungen, die die International Intellectual Property Alliance (IIPA), eine Lobbyorganisation der Medienindustrie, gegenüber der schwedischen Regierung aufstellte, berichtete Rick Falkvinge, Gründer der schwedischen Piratenpartei in einem Blog-Beitrag.

Diese umfasste verschiedene Punkte: So sollten Internet-Provider stärker mit in die Verantwortung genommen werden, was den Kampf gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet angeht. Zwar wird es nicht konkret ausgesprochen, aber hierzu gehört unter anderem die Einführung der Three Strikes-Regelung, nach der Nutzern bei Vergehen der Internet-Zugang gekappt werden kann.

Weiterhin sollte die Industrie die Möglichkeit erhalten, von den Providern Informationen über die Identität von Filesharern einholen zu können. Dies ist in Schweden sonst nur der Polizei mit einem richterlichen Beschluss möglich. Weiterhin sollten mehr Ermittler auf Urheberrechtsverletzungen angesetzt werden.

Gefordert wurde auch eine leichtere Möglichkeit, mit zivilrechtlichen Verfahren gegen Urheberrechtsverletzer vorzugehen. Nicht zuletzt sollte auch durchgesetzt werden, dass es in der Verantwortung der Provider liegt, dass die Verbreitung von urheberrechtlich geschütztem Material über ihre Netze blockiert wird. Als eigenständiger Punkt wurde auch verlangt, dass im Prozess gegen die Betreiber des Torrent-Trackers The Pirate Bay alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft werden.

In den diplomatischen Beziehungen mit den USA spielte Washington dann die Karte der "Special 301"-Liste. Diese wird in jedem Jahr neu erstellt und führt jene Staaten auf, die nach Ansicht der US-Regierung keine Politik machen, die US-Industrie gegenüber freundlich eingestellt ist. In der Aufstellung sind zahlreiche Länder zu finden, darunter auch Kanada und Spanien, so dass es wohl nicht gerade einem Embargo gleichkommt, auf ihr zu landen.

Die US-Botschaft in Stockholm hat der schwedischen Regierung laut der Botschaftsdepesche aber klar zu verstehen gegeben, dass Schweden von der Liste genommen wird, wenn die Forderungsliste der Medienindustrie vollständig umgesetzt ist. Die Fortschritte in den einzelnen Punkten wurden jeweils bewertet. Im März 2009, dem Zeitpunkt, als die Depesche nach Washington geschickt wurde lautete das Urteil klar: "Die Botschaft Stockholm empfielt, dass Schweden weiterhin in der Special 301 Initiative aufgeführt wird."

Zu diesem Zeitpunkt war selbst die Industrie offenbar schon anderer Ansicht. Immerhin hatte die schwedische Regierung eine Reihe von Initiativen in ihrem Sinne auf den Weg gebracht. Seitens der Botschaft wollte man es dabei aber offenbar nicht belassen, sondern abwarten, bis die Regelungen auch wirklich in Kraft getreten sind. Immerhin formierte sich zunehmend Widerstand gegen die verschiedenen Vorhaben, was letztlich sogar für den Einzug der Piratenpartei ins Europaparlament sorgte.
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