Bundesregierung baut an nächstem Netzpolitik-GAU

Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des IT-Branchenverbandes BITKOM, hat den Gesetzentwurf für ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage als weiteren Fehlgriff der Bundesregierung in Sachen Netzpolitik kritisiert.
Ceo, Bitkom, Bernhard Rohleder
bitkom.org
"Viele netzpolitische Gesetzesvorhaben sind gescheitert. Das Leistungsrecht macht die jetzt schon lange Liste politischer Fehlentscheidungen noch länger", erklärte Rohleder. Vor der heutigen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags wies er außerdem auf die rechtlichen Gefahren des Gesetzesvorhabens hin.

"Die Stellungnahmen mehrerer Sachverständiger bestätigen eindeutig, dass das Leistungsschutzrecht weder rechtlich noch ökonomisch notwendig ist", führte Rohleder aus. "Mehrere Sachverständige haben bei dem Gesetzesvorhaben verfassungsrechtliche und europarechtliche Bedenken." Der Gesetzgeber laufe Gefahr, dass das Gesetz vom Bundesverfassungsgericht nachträglich wieder gekippt wird.

Vor diesem Hintergrund warnt der BITKOM vor übertriebener Eile. "Selbst wenn an diesem Vorhaben festgehalten werden soll, kann man die zahlreichen Bedenken nicht einfach ignorieren", sagte Rohleder weiter. "Das Leistungsschutzrecht sollte auf keinen Fall mit Blick auf das nahende Ende der Legislaturperiode im Hauruck-Verfahren durchgepaukt werden."

Besonders scharf kritisierte der Verband der IT-Wirtschaft an der heutigen Anhörung im Bundestag, dass die Sachverständigen völlig einseitig ausgewählt würden. So seien zwei Vertreter der Verlagsbranche geladen, aber kein Vertreter jener Dienste, die am Ende zahlungspflichtig sein sollen - also der Suchmaschinen oder der Nachrichten-Aggregatoren.

Auch wurde auf die Anhörung eines Vertreters der Netzgemeinde verzichtet, die von dem Vorhaben auch betroffen sein wird. "Netzwirtschaft und Internetnutzer müssen letztlich die Zeche zahlen. Ein Gesetz vorzubereiten und sie bei der Ausschussanhörung außen vor zu lassen, ist für eine pluralistische Demokratie ein bemerkenswerter Vorgang", so Rohleder.

Das Leistungsschutzrecht reiht sich nach Ansicht des BITKOM in eine Reihe ein, zu der auch das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung gehört, das vom Bundesverfassungsgericht nachträglich gekippt wurde. Auch ein Gesetz für Internetsperren wurde verabschiedet, trat aber nie in Kraft und wurde inzwischen wieder aufgehoben. Das ursprünglich von der Bundesregierung unterstützte internationale Abkommen zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (ACTA) wurde nach massivem Druck der Netzgemeinde auf Eis gelegt.
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