Nicht mehr der "Antichrist":
Microsofts Open-Source-Strategie geht auf

Der Redmonder Konzern galt lange Zeit als Paradebeispiel eines Mono­po­lis­ten, der auf Biegen und Brechen seine Marktmacht behalten will und sich strikt weigert, sich in die Karten blicken zu lassen. Doch Microsoft hat sich radikal gewandelt - und erntet nun auch Lob bei ehemaligen Kritikern.
Microsoft, Linux, Shell, Powershell, Bash
Microsoft
Microsoft und Open-Source sind mittlerweile Begriffe, bei denen man nicht zunächst schlucken muss, bevor man sie laut ausspricht. 2014 war das mitnichten der Fall, wie eine interessante Reportage von Bloomberg verrät. Denn damals verfasste Microsoft-Manager Scott Guthrie einen schriftlichen Vorschlag, in dem er über eine Übernahme von GitHub nachdachte. Doch diesen Plan platzierte er in einer Schublade.
Microsoft übernimmt GitHub Satya Nadella (Mitte) mit Chris Wanstrath und Nat Friedman von GitHub

Microsoft, der Antichrist

"Wir hätten es vermasselt", sagt Guthrie, der erläutert, dass Microsoft damals noch nicht bereit dafür war. Vor allem sahen viele Entwickler das Redmonder Unternehmen seinerzeit immer noch als Staatsfeind Nummer 1 an. Und das zu Recht, wie der Executive Vice President of the Cloud and Enterprise Group meint: "Die Open-Source-Welt hätte uns damals richtigerweise als den Antichristen gesehen", so Guthrie. "Wir hatten damals nicht die Glaubwürdigkeit, die wir heute haben."

Guthrie und CEO Satya Nadella haben seither viel dafür getan, dieses Image zu ändern, mit Erfolg. Vor einem Jahr erfüllte sich Guthries Traum und Plan, Microsoft übernahm GitHub. "Einige Leute waren verärgert, aber nur wenige, weil Microsoft viele Jahre in das Wohlwollen der Open-Source-Community investiert hat", sagt Matt Asay, Senior Director bei Adobe, der langjähriger Open-Source-Entwickler und ehemaliger Microsoft-Gegner ist. "Es gab eine reflexartige 'Vergesst nicht, sie sind der große Satan'-Reaktion, aber sie war nur halbherzig."

Tools und Software für Entwickler machen gemessen am Umsatz einen kleinen Teil des Geschäfts aus, aber dieser Zweig hat Folgeauswirkungen, da Microsoft Unternehmen dadurch zu Azure und Co. locken kann.

Microsoft, die Insel(n)

Der Report beleuchtet auch, wie Satya Nadella den Konzern verändert hat. Denn bis zu seinem Amtsantritt als CEO war Microsoft eine Insel, auch intern gab es viele Inseln, die nichts miteinander zu tun haben wollten. Nadellas Verdienst war es, diese Mauern einzureißen und so auch ein für Entwickler reizvolles Umfeld zu schaffen.

Nadella und Guthrie gelang auch das eigentliche Kunststück, Linux-Entwickler an Bord zu holen. Denn noch vor einigen Jahren wollten diese nicht mit Microsofties an einem Tisch sitzen und das wortwörtlich. Visual-Studio-Chefin Julia Liuson erinnert sich an eine Linux-Konferenz vor einigen Jahren. Mit der Microsoft-Delegation wollte niemand etwas zu tun haben, laut Liuson sind Leute beim Mittagessen von den Tischen aufgestanden, als sie Microsoft auf den Namensschildern gesehen haben.

Doch Microsoft blieb beharrlich, auch mit Hilfe der richtigen Leute, allen voran Jeff Sandquist. Bei Kunden und Entwicklern, die auf Linux setzen, kam irgendwann auch an, dass Microsoft es ernst meint und man hier einen möglichen Partner hat, von dem man auch profitieren kann.

Auch GitHub hat die Übernahme durch Microsoft nicht geschadet, im Gegenteil: In den zwölf Monaten nach dem Kauf ist die Zahl an registrierten Entwicklern von 28 Millionen auf 36 Millionen gestiegen.
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