Es geht online nicht immer unhöflich zur Sache

Der Umgangston im Internet gilt gemeinhin als deutlich unhöflicher als bei einem direkten Gespräch. Sprachwissenschaftler, die sich diesem Themenfeld widmeten, beobachteten aber ein sehr differenziertes Bild.
Online sind Kommunikationspartner räumlich und zeitlich getrennt - und kennen sich oft auch nicht persönlich. Dies hat durchaus Auswirkungen auf das sprachliche Handeln. So schreiben einige Nutzer eher auf englisch, da sie sich einem internationalen Freundeskreis präsentieren wollen. Antworten in der eigenen Sprache beschränken dann eine Unterhaltung auf einen kleineren Kreis und werden unter Umständen als unhöflich empfunden, lautet ein Ergebnis einer kürzlich durchgeführten Fachtagung.

Trotz der Verschiedenheit der Sprachen steht für Nutzer sozialer Medien in der Regel die Konstruktion einer Online-Identität im Vordergrund, mit der sie Facetten ihrer Persönlichkeit präsentieren. Dabei reagieren die sehr sensibel auf Lob und Anfeindungen, hieß es. "Nutzer werden durch gemeinsame Interessen zu Gruppen, die sich dann über ein YouTube-Video lustig machen oder ihr Gemeinschaftsgefühl durch gegenseitiges Lob stärken, ohne sich offline je zu begegnen", erklärte die Hildesheimer Medienlinguistin Kristina Bedijs.

Online werden allerdings keineswegs nur Beleidigungen ausgetauscht, wenn es um Reaktionen auf die Postings anderer Nutzer geht. Allerdings hängt vieles von der jeweiligen Plattform ab. Bei der Bewertung von Rezepten auf Kochportalen geben sich Nutzer beispielsweise oft viel Mühe, Kritik in freundliche Worte zu verpacken. Auf dem Reiseportal CouchSurfing ist das Kritisieren noch heikler, denn es geht darum, Gäste und Gastgeber zu bewerten - anstatt offen zu verurteilen, drücken die Nutzer ihre Unzufriedenheit meist indirekt und vorsichtig aus.

In Gesprächsrunden ist außerdem nicht jede Person in gleicher Weise als Experte anerkannt. "Auch in Online-Diskussionen müssen alle Beteiligten ihre Rolle aushandeln. Man kann sich zum Beispiel als Spezialist positionieren, indem man seine Diskussionsbeiträge komplex formuliert und fachsprachliche Ausdrücke verwendet", sagte Bedijs. Wie ein solches Auftreten ankommt, ob besonders glaubwürdig oder doch arrogant, muss sorgfältig abgewogen werden.

Zur Selbstdarstellung gehören neben den Diskussionsbeiträgen auch Profilbilder, Signaturen und Nutzernamen - über deren Rolle die Hildesheimer Doktorandin Uta Fröhlich forscht. Smileys, die grafisch immer aufwendiger werden, können dabei Teile dessen Übernehmen, was man sonst mit Sprache zu erreichen versucht. Für den Verlauf von Online-Diskussionen ist außerdem entscheidend, ob es sich um inhaltsbezogene Beiträge handelt, bei denen Nutzer vor allem ihre eigene Meinung präsentieren wollen - oder ob gegenseitige Hilfeleistung im Vordergrund steht.

In Online-Medien existiert eine Bandbreite an höflichen und unhöflichen Strategien. Aber: "Internetnutzer präsentieren sich in sozialen Medien sehr bewusst", sagt Bedijs nach der Konferenz, "ob ihr sprachliches Verhalten die gewünschte Wirkung auf andere hat, hängt stark damit zusammen, wie bewusst sie auch auf die Bedürfnisse der anderen eingehen."

Wie in einer Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht können manche Nutzer die Reaktion der anderen gut einschätzen, andere verhalten sich weniger rücksichtsvoll. Die sprachlichen Strategien, die Online-Nutzer für ihre Präsentation verwenden, seien jedenfalls reichhaltig und böten auf der Höflichkeitsskala alle Möglichkeiten, so das Fazit.
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