Rund 9.000 gespeicherte Datensätze wurden in den letzten Monaten einer Prüfung unterzogen. Dabei zeigte sich, dass mehr als jeder fünfte Vorgang (21,51 Prozent) klar rechtswidrig war und die Informationen umgehend gelöscht werden müssen. Bei weiteren 17,37 Prozent der Daten soll die Löschung zumindest zeitnah erfolgen, da sie zwar nicht gänzlich grundlos erhoben wurden, mittlerweile aber nicht mehr für die Aufgaben des Geheimdienstes relevant sind. Lediglich in 61,12 Prozent der Fälle gab es keine Beanstandungen.
Die Bandbreite der Probleme ist dabei recht vielfältig, so das Untersuchungsergebnis. Unter anderem wurden beispielsweise gespeicherte Daten über Minderjährige gefunden. Diese dürfen aber nur erhoben werden, wenn es einen "konkreten, individuell zurechenbaren Gewaltbezug" gibt, was wohl in einer Reihe von Datensätzen nicht der Fall war.
Weiterhin seien verschiedene Personen vom Verfassungsschutz als extremistisch eingestuft worden, obwohl die Anlässe dafür äußerst zweifelhaft sind. So landeten Personen, die an bürgerlichen Protestaktionen gegen Neonazi-Aufmärsche teilnahmen beispielsweise automatisch in der Linksextremismus-Kategorie. Und Muslime, die ihr Freitagsgebet in einer Moschee verrichteten, die vom Verfassungsschutz als "extremistisch beeinflusst" eingestuft wurde, galten plötzlich als potenzielle Islamisten.
Fristgerechte Löschung ausgerechnet beim NSU-Unterstützer
Die Prüfer kamen weiterhin zu dem Ergebnis, dass die Dauer der Speicherung problematisch gehandhabt wurde. Das Gesetz gibt vor, dass Informationen gelöscht werden müssen, wenn sie nicht mehr länger für die konkrete Arbeit benötigt werden. Statt dies zu tun, wurden hingegen stets die maximalen Speicherfristen ausgereizt, die rechtlich nur für Ausnahmesituationen vorgesehen sind. An die Vorgaben hielten sich die Geheimdienstler hingegen ausgerechnet bei einem gewissen Holger G., dessen Daten schnell gelöscht wurden, nachdem er nicht mehr weiter in der Neonazi-Szene in Erscheinung trat. Heute ist dieser als mutmaßlicher Unterstützer der rechten Terror-Gruppe NSU angeklagt.Am Gesamtbild zeige sich, dass "es nicht um Versehen oder individuelle Fehler einiger weniger Mitarbeiter geht", so Pistorius. Das ganze System habe offenbar versagt hat, eine Absicherung gab es nicht. Der Minister will nun im Rahmen einer Regierungserklärung vor dem Landtag zu der Sache Stellung nehmen.
2014-05-14T17:05:00+02:00Christian Kahle
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