Tätersuche via Facebook - Selbstjustiz im sozialen Netzwerk

Soziale Netzwerke ermöglichen es jedem User mit Internetzugang, sich selbst zur Polizei zu machen und nach Übeltätern zu fahnden. Wie jüngst nach dem Raubüberfall auf ein Juweliergeschäft im schweizerischen Vevey.

Erfolgreiche Tätersuche über Facebook

Die Täter agierten am helllichten Tag und mit großer Brutalität. Das beherzte Eingreifen eines Verkäufers schlug die Angreifer in Flucht. Der Sohn des Inhabers verbreitete die Videobilder der Täter (einer von ihnen trug einen Rosenstrauß) via Facebook im Internet. Die Bilder der Männer wurden innerhalb kürzester Zeit von Tausenden Internetusern weitergeleitet. Fünf Stunden nach dem Raubüberfall erfolgte die Festnahme.

Yanick Meylan, Schmuckladenbetreiber: "Ziel war, möglichst breit gefächert Informationen zu sammeln und den ermittelnden Polizeibeamten so schnell wie möglich zur Verfügung zu stellen und uns zur Wehr zu setzen. Natürlich ist das positiv. Die Täter wurden gefasst und können künftig niemandem mehr Schaden zufügen. Das sollte heutzutage eigentlich ein gängiges Fahndungsinstrument der Polizei sein."

Privatfahndung im Netz ist illegal

Die Privatfahndung in den sozialen Netzwerken war hilfreich, aber auch vollkommen illegal. Allein Polizei und Ermittlungsbehörden dürfen Fahndungsbilder veröffentlichen, wie der Polizeikommandant des Kantons Jura, Olivier Guéniat, bestätigt.

"Es ist auf jeden Fall ein Verfahren, das die Polizei einsetzt, aber nicht systematisch und nicht auf Teufel komm raus. Das verlangt ein überlegtes Vorgehen und vor allem genaue Kenntnisse der Rechtslage und Justiz: das Recht auf Vergessen im Internet, Unschuld bis zum Beweis der Schuld und die Angemessenheit der Mittel. Das geht nicht auf Biegen oder Brechen. Was der Staat nicht tut, sollte der Bürger nicht auf eigene Faust unternehmen und deswegen keinesfalls derartige Aktionen im Internat starten. Denn Menschen sind um so vieles unnachgiebiger und rachsüchtiger als der Rechtsstaat."

Ein privater Fahndungsaufruf kann die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen verletzen, (insbesondere das Recht am eigenen Bild), sowie gegen diverse Strafgesetze verstoßen. Das Problem: Oft weiß die Polizei gar nichts von den Privatinitiativen im Internet. Und zu einem offiziellen Verfahren kann es nur kommen, wenn jemand Anzeige erstattet. Viele aber gehen gar nicht erst zur Polizei, sondern suchen auf eigene Faust.

"Wie ein Vertrauensbruch"

Wie in einem anderen Fall vor einigen Monaten, als in der Nähe von Genf vor zwei Männern gewarnt wurde, die angeblich nachts jungen Frauen nachstellten. Eine Betroffene sah die Bilder und erkannte einen Mann wieder, der sie bereits belästigt hatte. Zur Polizei wäre sie jedoch nicht gegangen, weil, wie sie sagt, dies nicht denselben Effekt gehabt hätte. Sie fand es einfacher, sich direkt an ein soziales Netzwerk zu wenden.

Ist der digitale Steckbrief erst einmal im Netzwerk, kann er nicht so schnell wieder zurückgenommen werden. Viele User leiten Aufrufe weiter und glauben, das Richtige zu tun. "Sämtliche Handlungen, die im Rahmen einer Ermittlung geschehen, sollten von Strafverfolgungsbehörden durchgeführt werden, die dazu befugt sind und ausgebildet wurden und ihrerseits von einer Kontrollinstanz beaufsichtigt werden", warnt Olivier Guéniat. "Wenn der Bürger das Recht ergreift, ist das wie ein Vertrauensbruch."

Internetuser sollten bedenken: Wer private Fahndungsaufrufe über soziale Medien wie Facebook oder Twitter verbreitet, kann sich strafbar machen. Das kann auch für diejenigen gelten, die solche Einträge weiterleiten.
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