Senf dazu: Digitales Zeitalter? Nicht mit der Telekom!

Die Deutsche Telekom macht ernst. Internet-Zugänge werden bald auch im Festnetz faktisch abgeschaltet, wenn der Nutzer eine willkürliche Obergrenze an Traffic verursacht hat.
Internet, Sperre, Schere
n.a.
Was nämlich beschönigend als Drosselung bezeichnet wird, zeigt vor allem, dass das Unternehmen sich schlicht über die Rolle hinwegsetzt, die ihm eigentlich zugestanden werden dürfte: Die eines neutralen Infrastruktur-Betreibers. Mit der heutigen Ankündigung setzt der Konzern nicht nur Grenzen für die Entwicklung neuer Internet-Anwendungen, sondern setzt sich in noch größerem Umfang über das Prinzip der Netzneutralität hinweg, als bisher.

Telekom: Internet ist nur Fernsehen
Schon die Ankündigung der Volumen-Limits zeigt, dass die Telekom keinerlei Interesse daran hat, einen Beitrag für die Entwicklung hin zu einer digitalen Gesellschaft zu leisten. Der Internet-Nutzer hat nach Ansicht des Unternehmens weiterhin nur die Rolle eines passiven Konsumenten einzunehmen. Dies zeigt sich, wenn in der entsprechenden Mitteilung vollmundig ausgeführt wird, wie viele Inhalte sich doch trotz der Volumen-Grenzen herunterladen lassen: Hier ist davon die Rede, dass man immer noch einige Filme anschauen, Radio hören und mehrere hundert Fotos anschauen kann.

Kein Wort davon, dass jeder Internet-Nutzer potenziell auch ein Sender ist. Zugegeben: Aktuell sind wir hierzulande noch auf einem Stand, dass die meisten Kunden der Telekom vor allem Inhalte herunterladen. Allerdings ist es längst kein kleiner Kreis mehr, die die Infrastruktur eben auch anders nutzen: Immer mehr User produzieren selbst Videos, veröffentlichen Podcasts, streamen aktuelle Ereignisse live, treffen sich zu (Video-)Konferenzen oder beteiligten sich auf vielen anderen Wegen an einer zunehmenden Vielfalt an Angeboten abseits der kommerziellen Kanäle.

Angesichts dessen, dass diese Entwicklung in den letzten Jahren rasant zunimmt, ist es geradezu zynisch, wenn die Telekom damit beruhigen will, dass die technischen Voraussetzungen, die zu einer Kappung des Internet-Zugangs bei zu intensiver Nutzung führen, wohl erst 2016 vorhanden sein werden. Geht es weiter wie bisher, wird dann wohl auch der Zeitpunkt erreicht sein, an dem die Sperren nicht mehr nur einen verschwindend geringen Teil der Nutzer betreffen.

Zu Erinnerung: Diese Traffic-Grenzen will die Telekom ihren Nutzern setzen:

  • Tarife mit bis zu 16 Mbit/s: 75 GB
  • Tarife mit bis zu 50 Mbit/s: 200 GB
  • Tarife mit bis zu 100 Mbit/s: 300 GB
  • Tarife mit bis zu 200 Mbit/s: 400 GB

  • Immerhin merkt die Telekom selbst an, dass die Kunden heute im Schnitt 15 bis 20 Gigabyte Traffic im Monat "verbrauchen", wie es im Jargon der Konzern-PR heißt. Kurz zuvor führte man noch Schätzungen ins Feld, wonach sich der Traffic bis 2016 vervierfachen wird. Dann wäre also schon der durchschnittliche Nutzer also beim niedrigsten Traffic-Limit von 75 Gigabyte im Monat angekommen.

    Grenzen setzen!
    Der Politik mit ihren wohlklingenden Breitband-Plänen muss an dieser Stelle der Vorwurf gemacht werden, dass sie in ihrer Marktgläubigkeit ohne weiteren Kommentar zulässt, dass der größte Infrastruktur-Betreiber, der sich sogar noch mehrheitlich in staatlicher Hand befindet, die Vorhaben ad absurdum führt. Denn in der Breitband-Strategie der Bundesregierung ist beispielsweise vorgesehen, dass bereits im kommenden Jahr 75 Prozent aller Haushalte Zugang zu Internet-Anbindungen mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde haben.

    Davon, dass diese nur für begrenzte Zeit im Monat zur Verfügung stehen, war nicht die Rede. Immerhin ging es dabei ja auch darum, endlich den Weg für neue Internet-Anwendungen zu ebnen, für die bisher keine ausreichenden Bandbreiten zur Verfügung stehen. So dürfte das Vorhaben der Telekom beispielsweise der Idee des vernetzten Haushaltes einen Riegel vorschieben. Denn wer will beispielsweise riskieren, sein Heizungssystem in den Wintermonaten nicht mehr ordentlich steuern zu können, weil man an den langen Abenden einen Film zu viel angesehen hat.

    Aber auch den Anbietern von Cloud-Diensten, zu denen immer mehr Aufgaben und Daten ausgelagert werden, dürften die Telekom-Pläne ein Dorn im Auge sein. Bei einer Traffic-Grenze von 200 Gigabyte bei einem VDSL-Anschluss ist beispielsweise an ein Backup in der Cloud nicht mehr zu denken.

    Als sei dies alles nicht genug, lässt die Telekom erneut auch das Gebot der Netzneutralität links liegen. Für die eigenen Dienste des Konzerns werden die Traffic-Grenzen nämlich natürlich nicht gelten. Diese sollen natürlich weiterhin IPTV via Entertain nutzen können - nicht aber eventuell konkurrierende Dienste. Es ist hier allerdings davon auszugehen, dass im Rahmen von Partnerschaften auch andere Anbieter von der Traffic-Sperre ausgenommen werden, wenn es für die Telekom finanziell von Vorteil ist.

    Die aktuelle Initiative der Telekom zeigt letztlich, dass es dringend notwendig ist, dass der Zugang zum Internet in der Gesellschaft und damit in der Politik hierzulande endlich als Bestandteil der Grundversorgung verstanden werden muss - ebenso wie es beim Wasser und Strom der Fall ist. Die Praxis zeigt, dass der Markt(™) hier keinesfalls für den notwendigen Fortschritt sorgt, sondern dass es klarer gesetzlicher Vorgaben zur Breitband-Versorgung und zur Durchsetzung der Netzneutralität bedarf.

    Siehe auch: Deutsche Telekom führt ab Mai DSL-Drosselung ein
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