Wiko reagiert uneinsichtig:
Smartphones sollen weiter Daten sammeln

Die französische Marke Wiko hat seit kurzem ihre eigene Datenschutz-Kontroverse. Nachdem bekannt wurde, dass die Geräte von Wiko Mobile in regelmäßigen Abständen bestimmte Daten nach China übertragen, hat man inzwischen Besserung gelobt und einige weitere Details geliefert. Unter anderem soll die bisherige Praxis, Statistikdaten zu erfassen, zwar geändert werden, aber dennoch weiterlaufen.
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Wiko
Das französische Portal Frandroid fragte noch einmal nach und erfuhr dabei unter anderem, dass Wiko die sogenannten Wiko Services und das wegen der Übertragung von Daten nach China kritisierte sogenannte "Sales Tracking System" (STS) getrennt betrachtet. So sammelt auch die Wiko Services App "anonymisierte Daten", wobei es hier die Möglichkeit zur Abschaltung dieser Funktionalität gibt.


Aufgrund dieser Option dürften viele Kunden annehmen, dass nach der Deaktivierung der Wiko-Services keine Daten mehr an den Hersteller übertragen werden. Tatsächlich behandelt Wiko selbst seine Services App allerdings getrennt vom umstrittenen STS. Dieser Umstand wird bei der Inbetriebnahme des jeweiligen Telefons allerdings nicht klar gemacht, was wohl einer der Gründe für den negativen Beigeschmack der Datenerfassung durch das STS ist.

Ab Ende 2017 soll neues Sales Tracking System Einzug halten

Mit Blick auf das Sales Tracking System erklärte Wiko, dass man die Funktionalität prüfen und anpassen will. Aktuell gebe es deshalb Gespräche mit dem Mutterunternehmen Tinno, das die Wiko-Smartphones im chinesischen Shenzhen baut und auch der Empfänger der vom aktuell genutzten STS erhobenen Daten ist. Bis zum Jahresende soll Tinnos Sales Tacking System nicht mehr verwendet werden, wobei offen ist, ob eine Deinstallation erfolgt oder nur eine "Abschaltung".

An seine Stelle tritt laut Wiko künftig ein von der französischen Marke für die Verwendung auf den in Europa verkauften Geräten entwickeltes neues STS. Dieses soll künftig beim allerersten Start des jeweiligen Geräts Daten an Wiko übertragen - an französische und nicht an chinesische Server. Konkret will man den Modellnamen des Telefons, die Android-Versionsnummer, das Land und die IMEI-Nummer des jeweiligen Geräts übertragen. Die Übertragung erfolgt dann im weiteren Verlauf ebenfalls monatlich, wie es schon jetzt bei der chinesischen STS-App der Fall ist.

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Wiko will außerdem zu einem bisher nicht genannten Zeitpunkt die in der chinesischen STS-App enthaltene Funktion zur Übertragung der Daten per SMS abschalten. Auch die Berechtigung der App, die ID der Mobilfunk-Zelle, in der sich der Nutzer befindet, zu erfassen, soll künftig abgeschaltet werden. Wiko betonte erneut, dass man diese Möglichkeiten nie genutzt habe, wobei dies aufgrund des von dem Twitter-Nutzer Elliot Alderson untersuchten Codes durchaus möglich scheint.

Traceroute führt nach China - Wiko behauptet das Gegenteil

Das Unternehmen erklärte darüber hinaus, dass die vom Sales Tracking System erfassten Daten, anders als von dem Sicherheitsexperten behauptet, nicht nach China, sondern auf deutsche Server übertragen wurden. Die Übertragung sei per HTTP in verschlüsselter Form erfolgt - was ebenfalls den Angaben des Twitter-Users widerspricht. Er hatte angegeben, dass die STS-App ihre Datensätze an den unter eservice.tinno.com erreichbaren Server überträgt.

Führt man für diesen Server allerdings derzeit ein Traceroute aus, stellt man fest, dass er offenbar in Hong Kong gehostet wird - also doch auf chinesischem Hoheitsgebiet steht und nicht in Deutschland. Wikos Angaben scheinen daher nicht unbedingt glaubwürdig zu sein, schließlich widerspricht man zwar den Vorwürfen, die Fakten scheinen jedoch eine andere Sprache zu sprechen.

Alle Wiko-Smartphones aus Produktion ab Oktober 2016 betroffen

Auch zur Zahl der von der Datenerfassung durch das STS betroffenen Geräte gibt es jetzt erste Angaben. So hat Wiko nach eigenen Angaben erst im Oktober 2016 begonnen, das Sales Tracking System von Tinno auf seinen Geräten einzusetzen. Es soll daher nur auf Produkten im Einsatz sein, die seit Oktober 2016 hergestellt wurden. Eine konkrete Liste der betroffenen Modelle liegt noch immer nicht vor, es ist aber davon auszugehen, dass die jüngst neu in den Handel gelangten Wiko-Smartphones allesamt betroffen sind.

Erst auf der IFA im September hatte Wiko mit den neuen Modellreihen WIM, View und U-Feel mehrere Serien neuer Produkte präsentiert. Außerdem wurden seitdem mit dem Wiko Lenny 4 und dem Wiko Tommy 2 einige neue Einsteigergeräte eingeführt. Im Fall dieser Modelle soll bis Ende des Jahres das erwähnte neue Wiko-eigene STS an die Stelle der chinesischen Variante vom Mutterkonzern Tinno treten.

Wiko hat sich auch zu der Frage geäußert, ob zur Erfassung der angeblich anonymen Nutzungsdaten nicht eigentlich eine Erlaubnis des Nutzers nötig wäre und man durch einen Verzicht nicht gegen Datenschutzgesetze verstößt. Nach Ansicht des Unternehmens handelt es sich lediglich um "Daten technischer Natur", die zur Sammlung von Informationen wie Verkaufszahlen und der Lebensdauer der Produkte erhoben werden. Dafür sei keine Erlaubnis des Nutzers erforderlich, heißt es.

Wiko: IMEI zählt nicht zu persönlichen Daten

Auch die IMEI-Nummer, die für jedes Smartphone einzigartig ist, sei nicht zu den "persönlichen Daten" zu rechnen, weil keine Verbindung zwischen der IMEI und der Identität des Nutzers herzustellen sei, die über die Behandlung des Geräts als Teil des Kundendiensts hinaus geht. Mit dieser Auffassung gerät Wiko allerdings mit den französischen Datenschutzvorgaben in Konflikt, weil diese die IMEI durchaus als persönliche Daten einstufen. Der Nutzer werde allerdings laut Wiko in den Nutzungsbedingungen, denen er bei der Inbetriebnahme seines Geräts zustimmt, über die Erfassung der IMEI informiert. Offensichtlich sieht man sich also in dieser Hinsicht im Recht - problematisch ist nur, dass die meisten Kunden die erwähnten Nutzungsbedingungen nie lesen dürften.

Die neuen EU-Regelungen zum Schutz der Privatsphäre, welche ab März 2018 in Kraft treten, sehen unterdessen vor, dass grundsätzlich eine Zustimmung des Nutzers zur Übertragung von Daten erfolgen muss, wenn diese nicht unerlässlich für den Betrieb eines Kommunikationsgeräts sind. Statistik-Daten, wie sie das Sales Tracking System von Tinno bzw. Wiko erfasst, dürften keineswegs essentiell für den Betrieb der Smartphones sein - und dürfen somit ab dem kommenden Jahr nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Anwenders übertragen werden. Bisher reagiert Wiko somit keineswegs einsichtig.
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