Untertitel-Brille feiert Premiere in Avignon

Theatre in ParisUntertitel-Brille
Premiere für eine besondere Brille beim Theaterfestival in Avignon, einem der wichtigsten Orte für Theaterkultur in Frankreich. 1300 Aufführungen locken internationale Besucher an. Mit der neuen Brille sollen sie die Theaterstücke besser verstehen.

Augmented-Reality-Brille

"Es ist Augmented Reality", erklärt Daisy Jacobs, Projektmanager des Entwicklers Theatre in Paris. "Man kann mit dieser Brille ein Theaterstück mit personalisierten Untertiteln anschauen. Das geht in mehreren Sprachen. Auf dem Festival d'Avignon untertiteln wir zwei Aufführungen: Shakespeares King Lear wird in Französisch, Englisch und Mandarin untertitelt. Und heute Abend zeigen wir Retour à Berratham von Angelin Prejlocaj mit Untertiteln in fünf Sprachen: Englisch, Französisch, Deutsch, Italienisch und Polnisch."

Über eine Applikation auf einem Tablet-Computer kann man die Untertitel auswählen, die Farbe, Helligkeit und Position verändern und hin- und herspringen, falls ein Schauspieler mal eine Zeile auslässt. Sehen kann die nur der, der die Brille trägt. Wer das Stück in Originalsprache sehen will, wird durch die Untertitel also nicht gestört, anders als bei bisherigen Systemen, die mit Anzeigetafeln über der Bühne arbeiten.

Avignon ist bekannt für seine Geschichte der letzten Jahrtausende und den Papst, der im 14. Jahrhundert von hier aus herrschte - ausgerechnet hier wird jetzt dieses Stück Hochtechnologie vorgestellt. Dahinter steht auch eine politische Entscheidung, erklärt Jean-François Césarini von der Startup-Initiative French Tech Culture:

Große Pläne

"Der Startup-Accelerator 'The Bridge' wurde vom Wirtschaftsministerium ausgewählt, um Avignon zur kulturellen und digitalen Hauptstadt Frankreichs zu machen, die über die Grenzen nach Europa hinauswirkt. Wir schulen Start-ups, wir helfen ihnen, Förderung und Kunden zu finden und später können sie durch unser Netzwerk Arbeitsplätze schaffen. Zum Beispiel werden wir Theatre in Paris mit ihrer Brille nach New York schicken, um sie an den Broadway zu bringen."

Die Brille am Broadway, das sind große Pläne. Zunächst musste sie sich in Avignon bei den Besuchern beweisen.

"Ich dachte, sie würde mich ablenken", sagt Josie Daxter, die ein Exemplar ausprobieren durfte. "Aber sie hat mich nicht abgelenkt. Ich dachte, ich hätte eine Barriere zwischen mir und der Bühne, aber nichts dergleichen. Ich konnte viel mehr sehen, was ich sonst verpasst hätte, weil ich Angst gehabt hätte, ich würde es ohne Untertitel nicht verstehen."

Schon in wenigen Monaten könnte die Brille marktreif sein. Weitere Anwendungszwecke bieten sich für Menschen mit Hörproblemen oder in der Industrie.
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