'Ein toller Tag!' - Fusionsanlage Wendelstein 7-X in Betrieb

Energiegewinnung wie auf der Sonne: Das ist das Ziel des Kernfusionsreaktors Wendelstein 7-X am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Greifswald. Dort wurde an diesem Donnerstag erfolgreich das erste Plasma erzeugt. Dabei wurden rund 10 Milligramm Helium in ein Magnetfeld einer Vakuumkammer der 725 Tonnen schweren Anlage eingeleitet, auf eine Million Grad erhitzt und dann in den Plasmazustand gebracht.

Erfolgreicher Start

"Das ist ein toller Tag", sagte die wissenschaftliche Direktorin Sibylle Günter nach dem ersten Experiment in Mecklenburg-Vorpommern. Bejubelt wurden die ersten Experimente auch von Wissenschaftlern, die aus anderen Ländern Europas, aus Asien und Amerika nach Greifswald gereist waren oder über Videoschalten den Start des Experiments verfolgten. Die Kernfusion verspricht eine künstliche Sonne, die alle Energieprobleme der Menschheit lösen könnte.

Thomas Klinger, wissenschaftlicher Direktor der Anlage in Greifswald: "Ein Kernkraftwerk, ein Spaltkraftwerk, hat eine Endlagerproblematik. Das heißt, es erzeugt Abfall, Nuklearmüll, der sehr lange, Zigtausend Jahre, gelagert werden muss. Das ist bei Fusion nicht der Fall." Bei der Kernfusion soll Energie wie auf der Sonne durch die Verschmelzung von Atomkernen erzeugt werden.

Wendelstein 7-X ist nach Institutsangaben das modernste und neben einer Anlage in Japan das weltweit größte Fusionsexperiment vom Typ Stellarator mit einem kompliziert verzwirbelten Magnetfeld, das das Plasma in Schach hält. Die Greifswalder Anlage ist ein Versuchsreaktor. Es geht um die wissenschaftlichen Grundlagen.

Thomas Klinger, wissenschaftlicher Direktor der Anlage in Greifswald: "Das ist am Ende Vorsorgeforschung. Das ist wie Bäume pflanzen. Wenn man jetzt keinen Baum pflanzt, hat man ihn nicht in 100 Jahren. Jeder, der Waldwirtschaft betreibt, der weiß das. Da muss man ein bisschen einen langen Atem haben."

Vergleichbares Projekt in Frankreich

Ein ähnliches Projekt, der internationale Fusionsreaktor Iter, entsteht derzeit am Forschungszentrum Cadarache in Südfrankreich. Allerdings handelt es sich dabei um einen Reaktor vom Typ Tokamak mit einem einfacher konstruierten Magnetfeld.

Wendelstein 7-X ist nicht unumstritten: Kritisiert werden die enorm hohen Kosten und die, wenn auch im viel geringerem Umfang, als bei der Kernspaltung, anfallenden radioaktiven Abfälle. Bis Fusionskraftwerke Realität werden, dürften noch einige Jahrzehnte vergehen.
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