Experte: Geplantes Kinderschutz-Gesetz beruht auf Hilflosigkeit
Bundesjustizminister Heiko Maas will laut dem Gesetzentwurf das Fotografieren von nackten Kindern generell unter Strafe zu stellen - unabhängig davon, ob die Bilder einen sexuellen Kontext haben und ob sie veröffentlicht werden. Er begründete dies damit, dass Kinder und Jugendliche ein Recht darauf hätten, dass solche Bilder nicht von ihnen angefertigt würden. Das Verbot soll weitergehend verhindern, dass entsprechende Aufnahmen im Internet landen und weiterverbreitet werden oder sogar noch jemand Geld mit ihnen verdient.
Somit handelt es sich bei dem Gesetzentwurf eher um eine Reaktion auf den Fall des SPD-Politikers Sebastian Edathy. Dieser soll sich Nacktbilder von Minderjährigen beschafft haben. Da die Aufnahmen allerdings nicht unter die Definition von Kinderpornographie fielen, kann dies als geschmacklos angesehen werden - strafrechtlich relevant war es aber nicht. Um das zu ändern, wurde die Politik aktiv. Dies kann nun dazu führen, dass bald harmlose Fotos zu strafbaren Dingen werden - etwa wenn eine Gruppe kleiner Kinder dabei abgelichtet wird, wie sie im Sommer nackt am Strand spielen.
Für Tsokos, der die Rechtsmedizin an der Berliner Charité leitet, geht das an der Sache vorbei. "Prävention statt Reaktion - nur so kann man diese Verbrechen verhindern", forderte er. Das gelte für den Kampf gegen Pädophilie und Kinderpornografie genauso wie für den gegen schwere Kindesmisshandlung.
Der Experte hatte erst vor einiger Zeit scharf kritisiert, dass die Politik seit Jahren nicht in der Lage sei, die Zahl der durch Misshandlung getöteten Kinder in Deutschland zu verringern. "Jedes Jahr sterben etwa 160 Kinder durch Misshandlung", sagte Tsokos dem Blatt. "Wir sprechen hier nicht von Unfällen - diese Jungen und Mädchen werden zu Tode getreten, geschlagen, geschüttelt, ertränkt oder verbrüht."
Wirkungsvoll wäre es seiner Ansicht nach, wenn der Staat an ganz anderer Stelle ansetzt: Sozialarbeiter müssten gründlicher geschult werden, Jugendämter sollten sich besser untereinander austauschen. Besonders einige Sozialdienste seien problematisch: "Viele Aufgaben werden an die freien Träger ausgelagert", so Tsokos. "Das Geld, das sie dafür bekommen, wird oft nicht nach unten weitergereicht."
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