Angespielt: GTA 5 - Offline hui, Online (noch) pfui

Grand Theft Auto 5 (GTA 5) ist seit gut zwei Wochen erhältlich und bricht alle nur denkbaren Rekorde. Derzeit warten wir eigentlich nur noch auf die Meldung, dass das Rockstar-Spiel auch die Bibel in Sachen Verbreitung überholt hat.
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Rockstar Games
Auch die Kritiker-Zunft war euphorisiert und so gab es praktisch ausschließlich Lobpreisungen zu lesen, das Spiel hat von Beginn an geradezu messianische Dimensionen erreicht. Da ist vom besten Spiel dieser Konsolengeneration, ja vielleicht aller Zeiten, die Rede. GTA 5 kann, so scheint es, über das Wasser laufen, DVDs zu Blu-rays verwandeln und kaputte Konsolen wieder zum Leben erwecken.

Es gibt zwar einige Gotteslästerer, die zu sagen wagen, dass GTA 5 lediglich ein normales ausgezeichnetes Spiel ist, aber wer "Jehowa" ruft, dem droht die Steinigung oder zumindest die stets unerwartete Spanische Inquisition. Als ganz normaler Kunde hatte man aber am Erstverkaufstag jedenfalls das Gefühl, die Suche nach dem Heiligen Gral abgeschlossen zu haben, nachdem der Verkäufer oder Postbote einem GTA 5 in die Hand gedrückt hat.


Angesichts dieser Vorzeichen ist es nicht überraschend, dass so mancher ein klitzekleines Bisschen enttäuscht war. Denn GTA 5 bietet letztlich "mehr vom Gleichen" (aber sehr viel davon). Die Welt ist größer, die Grafik schöner, es gibt mehr Aktivitäten als früher (und das heißt immerhin was), mehr Songs, mehr schnelle Autos und natürlich auch erstmals mehr spielbare Charaktere, nämlich drei davon. Aber der Reihe nach.

Schauplatz des Spiels ist Los Santos, die Rockstar-Variante von Los Angeles. Auch wenn die Welt von GTA 5 die bisher größte ist, die Rockstar je umgesetzt hat: Auf einen fast exakten Nachbau wie beim virtuellen New York bzw. Liberty City hat man dieses Mal verzichtet, Los Santos ist eher ein "Best-Of" des Großraums Los Angeles.

Wie in der Realität ist Los Santos das genaue Gegenteil von Liberty City, das zeigt sich in der optischen Aufmachung, aber auch im Rahmen der Handlung und der Charaktere, die man im Verlauf des Spiels trifft. Doch hier muss man feststellen, und das ist zugebenermaßen Jammern auf allerhöchstem Niveau, dass die Atmosphäre des Vorgängers einen Tick dichter, weil dreckiger war. Das gilt auch für die Story, das Einwanderer-Epos rund Niko Bellic hatte etwas mehr Substanz. GTA5Die drei spielbaren Charaktere: Michael, Franklin und Trevor An der Tatsache, dass es mit Michael, Trevor und Franklin nun drei spielbare Charaktere gibt, liegt es allerdings nicht: Deren Wege fügen sich gut zu einer einzigen Gesamtgeschichte zusammen, auch der fast jederzeit mögliche Wechsel mindert nicht unbedingt die Identifikation mit den drei Anti-Helden. Wahrscheinlich liegt es am roten Faden der Raubzüge, die eine doch eher konventionelle Geschichte darstellen.

Allerdings werden Rockstar-Spiele ohnehin nicht von der Story getragen, sondern den daran beteiligten Charakteren, also all den skurrilen Psychopathen, Möchtegern-Gangstern und asozialen Rednecks.

Apropos Rednecks und Psychopathen: Trevor. Das ist der eigentliche Star des Spiels, und man erwischt sich immer wieder dabei, ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn man so etwas wie Sympathie für ihn verspürt. Trevor ist nämlich ein geisteskranker Sadist und erinnert wohl nicht zufällig an den jungen Jack Nicholson. Trevors Teil der Story führt in die Abgründe der US-amerikanischen Gesellschaft, die Rockstar wie üblich überzieht, dass es fast schon weh tut. An dieser Stelle kommen wir unweigerlich zur mittlerweile berüchtigten Folter-Szene.


Relativ früh im Spiel muss Trevor im Auftrag des "FIB" einen Gefangenen foltern und ihn mit diversen Methoden (Waterboarding, Stromschläge, "Marathon-Mann"-Methode etc.) verhören. Ob es Gewaltverherrlichung, eine satirisch-zynische Darstellung der (US-)Realität oder eine bewusste Provokation ist, muss wohl jeder für sich entscheiden. Man hätte sich die Szene auch schlichtweg schenken können, da sie letztlich nichts mit dem Spiel zu tun hat. Dass Trevor ein Irrer ist, bekommt man auch so mit.

Es ist ebenfalls kein Zufall, dass Trevor für die Rückkehr der Rampages auserwählt worden ist. Da der Typ ohnehin alles andere als dicht ist, kann man ihn auch noch die Amokläufe machen lassen. Rampages waren früher (vor dem GTA-4-Hauptspiel) ein beliebtes Ziel für Kritiker, heute greifen deswegen aber nicht einmal mehr CSU-Politiker zu Fackel und Mistgabel.

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Grand Theft Auto und Rockstar Games haben sich offenbar auch in den USA bereits eine völlig neue Stufe der Narrenfreiheit erarbeitet. Zu Zeiten von Grand Theft Auto: San Andreas (2004) empörte sich die halbe USA wegen einer versteckten Sex-Szene ("Hot Coffee Mod"). Und heute? Heute sieht man Hollywood-Sternchen beim virtuellen Geschlechtsverkehr (natürlich mit allen Details) zu oder geht in den Strip-Club samt privatem Oben-Ohne-Lapdance und das sogar ungepixelt.

Und ja: Klar ist GTA 5 sexistisch. Wenn man aber Rockstar die Satire vollständig abnimmt, dann muss man das auf beide Geschlechter ausdehnen. Zwar werden die Frauen von Los Santos oft genug als dümmliche Flittchen dargestellt, das Bild, das man von Männern zeichnet, ist aber auch nicht besser: Die männliche Bevölkerung von GTA 5 besteht nämlich vor allem aus Losern, Primaten und Psychopathen.

Haben wir einen Vorwurf vergessen? Ach ja, Drogenverherrlichung. Ständig wird gekifft, gesoffen und Crystal Meth (Richtig: Trevor) genommen, die dazugehörigen unterhaltsam-psychedelischen Trips liegen irgendwo zwischen Cheech & Chong, Jeffrey "The Dude" Lebowski und Homer Simpson.


Und weil wir gerade bei Film-Anspielungen und Popkulturzitaten sind: GTA 5 ist natürlich voll davon, wer mit offenen Augen durch die Welt läuft und fährt, der kann schier unzähligen Anspielungen und Easter Eggs entdecken. Das beginnt bei zwei der Hauptcharaktere: Trevor ist eindeutig "Shining" im Schlussdrittel, während Michael eine Variante von Tony Soprano ist, Psychiater und dysfunktionale Familie inklusive.

Lediglich Franklin hat keine klar erkennbare Vorlage, er hat eine doch eher klischeehafte Gangster-aus-South-Central-LA-Geschichte verpasst bekommen. Sympathisch ist der Kerl aber dennoch, was wohl auch daran liegt, dass er noch der verhältnismäßig Normalste des Trios ist.


Wie immer sind die skurrilsten Charaktere unter den Nebenfiguren zu finden: Da gibt es den Anzug-tragenden Kiffer-Aktivisten Barry, den schmierigen Paparazzo Beverly oder das britische Touristen- und Stalker-Rentner-Pärchen Thornhill.

Der rote Faden des Spiels sind wie anfangs erwähnt die meist mehrstufigen Einbrüche, Überfälle und sonstigen Raubzüge. Diese erfordern stets einiges an Organisationsarbeit, etwa das Stehlen eines Forschungs-U-Bootes oder eines Militär-Hubschraubers. In den Vorbereitungsmissionen gibt es wie in den eigentlichen "Jobs" meist zwei unterschiedliche Vorgehensweisen wie vorsichtiges Anschleichen oder eben auch die gute alte Brachialgewalt. Die Mission nimmt dann zwar früher oder später den vorgegebenen Verlauf (Flucht und/oder Geballere), aber das Vorgehen zuvor sorgt fast immer für mehr Abwechslung.

Ohnehin ist es nicht das eigentliche Ziel von GTA, sich nur mit der Hauptstory zu beschäftigen: Wie immer bilden die Nebenaufgaben der eigentlichen Kern von GTA, entsprechend viele gibt es auch: Rennen (Autos, Jet-Skis, Triathlon), Tennis, Golf, Yoga, Jagen, Tauchen, Basejumping, Achterbahnfahren, und, und, und…

Wer besonders viel Zeit hat, kann sich auf die Suche nach Bigfoot machen oder Hugh Hefners Playboy Mansion (be)suchen. Doch nur die wenigsten Nebenmissionen stehen von Anfang an zur Verfügung, die meisten müssen zuvor durch bestimmte Aufgaben oder auch Immobilien-Käufe freigeschaltet werden.

Auch vom Gameplay her ist das sicherlich der bisher beste Teil, was vor allem für die überarbeitete Kampfmechanik gilt. Das alte Problemkind der Reihe hat Rockstar nun weitgehend in den Griff bekommen, der Ziel-Zufallsgenerator gehört endlich der Vergangenheit an. Auch das Fahren wurde optimiert, die Autos steuern sich nun zwar direkter, was aber wiederum einiges an Fingerspitzengefühl erfordert. Vor allem darf man es nicht mit dem Tempo übertreiben, wenn man nicht alle paar Meter irgendwo reinkrachen will (was aber auch so oft genug passiert).

Das Zwischenfazit zum Einzelspielerteil fällt also eindeutig aus: Grand Theft Auto 5 ist ein großartiges Spiel, keine Frage, aber eben auch "nur" ein GTA. Ob es das beste Spiel aller Zeiten oder auch nur dieser Konsolengeneration ist, darüber kann man lange streiten. Eine Aussage kann man aber getrost machen: Es ist das mit Abstand beste Spiel dieses Genres.

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An dieser Stelle sollte eigentlich der Ersteindruck zum mit großer Spannung erwarteten Online-Modus von GTA 5 kommen. Bisher galt bei Multiplayer das Motto "Muss halt auch sein", GTA Online sollte das ändern, Rockstar versprach eine (16-Spieler-)Welt mit so mancher MMO-Anleihe.

Und wie spielt sich GTA Online, mag der eine oder andere nun fragen. Nun: Ein Typ geht automatisch zu einem blauen Kreis, ein Auto fährt vor und das war's. Eine Einblendung teilt einem mit, dass auf weitere Spieler gewartet wird, die sind aber offenbar mit Godot in einer Kneipe. So bleibt einem nur der Neustart des ganzen Spiels, abbrechen kann man den fehlerhaften Vorgang nämlich nicht.


Insgesamt listet Rockstar Games aktuell neun unterschiedliche Probleme auf, bei uns trat lediglich dieser eine schwere Bug auf, nach rund schier unzähligen Versuchen in den vergangenen drei Tagen gaben wir dann aber entnervt auf.

Dass es Probleme beim Start von GTA Online geben würde, war zu erwarten, auch Rockstar hat im Vorfeld vor einigen Kinderkrankheiten gewarnt. Das kennt man von den meisten MMOs ("Never play on Patch-Day") oder auch langerwarteten und Server-gebundenen Games wie Diablo 3 und Sim City her.

Doch im Falle von GTA Online gibt es auch nach einigen Tagen für die meisten kein Durchkommen, bei den zuvor genannten Spielen war hingegen nach zwei oder drei Tagen ein wenigstens ansatzweise funktionierender Betrieb möglich. Bei GTA sieht es aus, als würde das noch eine Weile dauern. Zumindest lässt die lange Liste an Bugs das befürchten.

Wir werden deshalb unsere Eindrücke von GTA Online nachreichen müssen, sobald die Rockstar-Server ein halbwegs reibungsloses Spielerlebnis ermöglichen. Bis es soweit ist, gibt es aber auch noch im Einzelspieler noch jede Menge zu erledigen, denn mehr denn je ist GTA 5 fast schon eine Lebensaufgabe, wenn man auf 100 Prozent kommen will.
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